
Jedes Jahr aufs Neue werden traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel (1833 – 1896), in Stockholm die Nobelpreise verliehen (außer dem Friedensnobelpreis, der in Oslo verliehen wird). Dann bekommen sehr ausgewählte Wissenschaftler, Schriftsteller und Menschen, die sich entschieden für Frieden und Toleranz auf der Welt einsetzen, den ultimativen Ritterschlag – den Nobelpreis. In den Kategorien Physik, Chemie, Medizin, Literatur und als Friedensnobelpreis wird er verliehen (und seit 1969 auch für Wirtschaftswissenschaften). Aber Mathematiker warten bis heute darauf – vergebens. Denn für Mathematik gibt es ihn nicht! Deshalb müssen sie aber nicht im Reich der Tränen und im Trübsal versinken! Für sie gibt es quasi ein Äquivalent zu dem Nobelpreis: die Fields-Medaille.
Nobels Testament als Grundlage
Warum es keinen Nobelpreis für Mathematik gibt, ist einfach zu beantworten. Der Inhalt des Testaments gibt eindeutigen Aufschluss darüber.
Alfred Nobel verfügte in seinem Testament von 1895, dass sein Vermögen gewinnbringend in Fonds angelegt werden solle, sodass durch die dadurch anfallenden jährlichen Zinsen die Preise ausgesprochen werden konnten: „Das Kapital soll von meinen Testamentsvollstreckern in sicheren Wertpapieren angelegt werden. Der so gebildete Fonds soll einen Preis ausmachen, der jährlich als Belohnung für diejenigen verteilt wird, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben.“
Darauf folgt die Aufteilung in fünf Gebiete, die auszeichnungswürdig sind:
- die Physik: „an denjenigen, der auf dem Gebiet der Physik die wichtigste Entdeckung oder Erfindung gemacht hat“
- die Chemie: „an denjenigen, der die wichtigste chemische Entdeckung oder Verbesserung gemacht hat“
- die Physiologie oder Medizin: „an denjenigen, der die wichtigste Entdeckung im Bereich der Physiologie oder Medizin gemacht hat.“
- die Literatur: „an denjenigen, der in der Literatur das Bedeutendste in idealistischer Richtung geschaffen hat.“
- der Friedensnobelpreis: „an denjenigen, der am meisten oder am besten zur Verbrüderung der Völker, zur Abschaffung oder Reduzierung stehender Heere und zur Veranstaltung und Förderung von Friedenskongressen beigetragen hat.“
Der Bereich Mathematik kommt darin – einfach – nicht vor. Dadurch gibt es keinen Nobelpreis für Mathematik.
Erklärungen für das Fehlen der Mathematik im Testament
Warum die Mathematik im Testament keine Erwähnung fand, dazu gibt es im Laufe der Zeit verschiedene aufgestellte Hypothesen und Legenden.
Es wird auf Alfred Nobels Wunsch nach dem praktischen Nutzen, den die Preise haben sollen, verwiesen. Es sollten nämlich nach ihm nur Bereiche ausgezeichnet werden, die auch einen praktischen Nutzen für die Menschheit haben. Die Mathematik war für ihn offenbar zu theoretisch und erfüllte diesen Zweck für ihn daher nicht. Zu seinen Lebzeiten gab es aber auch schon einen renommierten Mathematik-Preis in Schweden, der vom Königshaus vergeben wurde. Einige Historiker sind der Meinung, dass Nobel keine Dopplung der Preise in einem Bereich haben wollte und deshalb auf einen Nobelpreis für Mathematik verzichtete. Eine von Historikern sehr angezweifelte, aber beliebte populäre Meinung ist, dass Nobel keinen Nobelpreis für Mathematik testamentarisch festlegte, weil angeblich seine Lebensgefährtin mit einem Mathematiker eine (Liebes-)Beziehung geführt haben soll. Dafür gibt es aber bis heute keinerlei Beweise.
Die Fields-Medaille – der Ersatz für den fehlenden Nobelpreis für Mathematik
Wie dem auch sei, was die Gründe für Alfred Nobel waren, dass er testamentarisch keinen Nobelpreis für Mathematik ins Leben rief, die Mathematiker können das verschmerzen. Denn 1936 wird die Fields-Medaille verliehen!
Die Medaille geht zurück auf den kanadischen Mathematiker John Charles Fields (1863 – 1932), der Professor für Mathematik an der University of Toronto war. Im Gegensatz zu anderen Mathematikern seiner Zeit, wie bspw. David Hilbert (1862 – 1943), Georg Cantor (1845 – 1918) oder Bertrand Russell (1872 – 1970), die allesamt auf bestimmten Gebieten die Mathematik revolutionierten oder entschieden prägten, war er kein bahnbrechender Mathematik-Forscher. Dafür setzte er sich entschieden ein, für die Vergabe von Stipendien, Austauschprogramme und Förderung junger Talente im Bereich Mathematik. Auch setzte er sich sehr dafür ein, Kanada als Land zu etablieren, das in Mathematik internationale Anerkennung erfahren sollte. Er war auch Hauptorganisator, als der internationale Mathematikkongress (IMC) 1924 in Toronto stattfand – das erste Mal außerhalb Europas.
Vor seinem Tod im Jahr 1932 stiftete er einen Teil seines Vermögens, um einen Preis in Form einer Medaille für herausragende Leistungen junger Mathematiker zu vergeben. Da die Auszeichnung darauf zielte, nicht nur bereits Erreichtes zu würdigen, sondern vor allem Ansporn geben wollte, neue Forschungswege zu gehen, gibt es eine Altersgrenze von 40 Jahren.
Alle vier Jahre gibt es meist zwei bis vier Preisträger, die aufgrund neuer Theorien oder Methoden im Bereich der Mathematik die Forschung signifikant weiterentwickelten, geehrt.
Aussehen und die Beschaffenheit der Fields-Medaille
Auf der Vorderseite der Fields-Medaille ist das Profil des griechischen Mathematikers Archimedes zu sehen und die Inschrift „Transire suum pectus mundoque potiri“ (Über sich selbst hinausgehen und die Welt erobern) eingraviert. Auf der Rückseite „Congregati ex toto orbe mathematici ob scripta insignia tribuere“ („Die Mathematiker aus der ganzen Welt haben [diese Medaille] wegen hervorragender Schriften verliehen.“) Darunter steht der Name des Preisträgers und das Prägejahr der Verleihung. Die Münze selbst besteht aus 18-karätigem Gold. Sie hat einen Durchmesser von 63,55 mm und ein Gewicht von 169 g.


Preisgeld und weitere Ehrungen bei Field-Medaillisten und Nobelpreisträgern
Das Preisgeld, das der jeweilige Fields-Medaillist bekommt, beträgt 15.000 kanadische Dollar, das entspricht ca. 11.500 US-Dollar. Darüber können die Nobelpreisträger nur verschmitzt lächeln. Denn ihr Preisgeld ist entschieden höher, um einen doppelten Faktor x, der schwankt. Zum einen hängt die Höhe entschieden ab, wie viele Preisträger es in einem Bereich gibt (es können ja mehrere Preisträger bspw. in Physik ausgezeichnet werden; bei zwei die Hälfte; bei drei ein Drittel…), zum anderen, wie hoch die Festsetzung von der Nobelstiftung (Nobel Foundation) ist, die das Vermögen von Alfred Nobel verwaltet (31 Millionen schwedische Kronen) und das jährlich durch Aktien, Anleihen, Immobilien und noch anderweitig das Preisgeld generiert. 2024 erhielten hierdurch die aktuellen Nobelpreisträger 11 Millionen schwedische Kronen, was ca. 925.000 Euro entspricht.

Die Field-Medaillisten erhalten wie die Nobelpreisträger ein Diplom als künstlerisch gestaltetes Dokument. Natürlich erhalten die Nobelpreisträger genauso wie die Field-Medaillisten auch eine güldene Medaille mit dem nach rechts blickenden Konterfei von Alfred Nobel, dessen Unterschrift und Geburts- und Sterbejahr in römischen Zahlen. Die Rückseite ist je nach Bereich, in dem man ausgezeichnet wird, verschieden. So sind bspw. auf dem Friedensnobelpreis drei Männer zu sehen, die sich umarmen, bei Physik und Chemie die Naturgöttin Isis mit Füllhorn. Die Gravur mit Name des Preisträgers (und häufig auch das Jahr der Verleihung) wird individuell angebracht, am Rand oder der Rückseite, aber nicht in deren Motiv. Vollkommen anders gestaltet ist zudem die Medaille des erst seit 1969 vergebenen Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften. Die Medaille selbst besteht seit 1981 aus 18-karätigem Recyclinggold (bis 1980 aus reinem Gold), mit einer 24-karätigen Goldschicht. Sie hat ein Gewicht von ca. 175 g und einen Durchmesser von 66 mm.
Ausgezeichnete deutsche Field-Medaillisten und das Auszeichnungswürdige auf ihrem Fachgebiet
Bei den bisher von den seit 1936 verliehenen Field-Medaillisten befinden sich auch drei Deutsche: Klaus Roth (1958), Gerd Faltings (1986) und Peter Scholze (2018). Klaus Roth wurde für seine Leistungen in der Zahlentheorie und des sogenannten Beweises des Roth-Satzes ausgezeichnet. Der Beweis stellte einen Meilenstein in der Diophantischen Approximation dar. Gerd Faltings, dessen Fachgebiet die Arithmetische Geometrie darstellt, wurde für seinen Beweis der Mordell-Vermutung ausgezeichnet. Dieser Beweis förderte die Zahlentheorie entschieden. Peter Scholze, dessen Fachgebiete die arithmetische und die algebraische Geometrie sind, wurde durch seine Einführung der perfektoiden Räume ausgezeichnet, die großen Einfluss auf Galois-Darstellungen und die Entwicklung neuer Kohomologietheorien hat.